Gerade einmal 7 Stunden fährt man mit dem Auto über St. Gallen, an Lausanne vorbei von München nach Chamonix am Mont Blanc.
Wer wie wir gerne nachts fährt genießt relativ freie Autobahnen und zügiges Vorwärtskommen. Der eingelegte Schlafstopp beim Genfer See ist ein willkommener Zwischenstopp. Von Montreux (Schweiz) bis Chamonix sind es in der früh dann gerade mal noch 1,5 Stunden vorbei an tollen Bergpanoramen. Entspannteres Ankommen garantiert. Da bleibt sogar noch Zeit für einen ersten Abstecher nach Chamonix und einer Tasse Cappuccino.
Warum Mont Blanc
Nach einem heißen Start in den August wurde unser Wunsch nach kühler Bergluft immer größer. Da die negative Berichterstattung über überfüllte Berge des Münchner Umlands täglich getoppt wurden. Die Campingplätze in den fränkischen Wäldern schon seit Wochen ausgebucht waren. Die Dolomiten aus dem gleichen Grund kein adäquates Ziel darstellten und Fontainbleau mit 40 Grad zu heiß war, kam Alex auf die Idee es mal mit dem Mont Blanc zu probieren. Der höchste Berg der Alpen ist auch im Sommer schneebedeckt. Da muss es einfach kühler sein.
Blick auf den Mont Blanc
Bouldern bei Médonnet
Es dauerte nicht lange, da lag der Boulderführer für das Gebiet rund um Chamonix in unserem Briefkasten. Das auserkorene Zielgebiet stand auch schon fest: Médonnet (laut Boulderführer soll dort im Hauptsektor sogar Fontainbleau-Feeling aufkommen). Also nichts wie hin, denn sowas klingt immer wie Musik in Alex Ohren.
Blick auf die Berge beim Bouldergebiet von Medonnet
Campingplätze gibt es dort genug. Reserviert wurde nicht. Den ersten den wir ansteuerten war in der Tat kaum belegt. Man sprach englisch, war freundlich und der Preis günstig. Also schlugen wir dort unser Zelt auf. Direkt an einem kleinen Naturbadesee mit abendlichem, 5-minütigem Froschkonzert.
Vermeintliche Idylle am Campingplatz bei Passy
Was auf den ersten Blick idyllisch wirkte stellte sich leider nachts nicht so ideal dar. Die meisten Campingplätze liegen dort zwischen Autobahn und Zugstrecke. Unserer zusätzlich noch in Lautsprechernähe eines Zirkus, der exzessiv für seine Abendvorstellungen warb und neben einem Badesee mit ausgiebigem Nachtprogramm bis früh um 3 Uhr. Da schläft man in einer Stadt wie München ruhiger…
Nichtsdestotrotz blieben wir dort, um für ein paar Tage zu bouldern. Als Basecamp für Médonnet war der Platz ideal, wenn auch nicht wirklich kühl gelegen. Dafür lagen die Boulder alle im Wald und man war meistens unter sich.
Im Anschluss daran (und etwas früher als geplant) ging es dann nach Chamonix zurück. Der Kühle wegen und weil es dort einen guten Kaffeeladen gab (Moody Coffee Roasters) mit hervorragendem Cappuccino wie man ihn aus Italien kennt und liebt.
Bouldern bei Chamonix
Der Campingplatz bei Chamonix (Camping de la Mer de Glace) war noch angenehm leer und ruhig, als wir ankamen. Auch hier kam man mit Englisch gut zurecht. Die Plätze waren alle unter Bäumen und von Hecken umzäunt. Zwar etwas eng, aber mit Auto und Zelt kam man gerade noch zurecht. Die Sanitäranlagen wirkten sauber und ordentlich. Es gab jeden Tag Essen aus einem anderen Food-Truck, wenn man abends keine Lust hatte selbst zu kochen. Die Preise waren (trotz Hochsaison) akzeptabel und der Weg nach Chamonix, in die Berge oder anderswohin auch zu Fuß gut zu absolvieren.
Gebouldert hat Alex hier bei Le Lavancher (zwischen Chamonix und Argentière). Es gab zwei Hauptsektoren. Etwa 120 Boulderprobleme 2 - 7c, sowie bei Argentière. Die etwa 30 Boulderprobleme zwischen 4 - 8a+ teilen sich auf zwei Sektoren auf, die man im Wald aufspüren muss. Am ersten Tag sind wir nur rum geirrt. Der zweite Versuch lief schon besser.
Alex beim Boulderputzen. Mit Erfolg: An dem Tag ging er mit einer siegreichen Besteigung heim.
Ich finde ja, dass es heutzutage kein Problem mehr sein sollte GPS Koordinaten in einen Führer zu integrieren, dann tut man sich einfach leichter. Noch dazu bei selbst gezeichneten Karten, wo wichtige Hinweise fehlen. Dafür hat der Führer-Autor einen Klaps auf den Hinterkopf verdient… oder zwei.
Erinnerungswert
- Der gute Cappuccino und die leckeren Törtchen im Caffee in Chamonix.
- Die Lage des Campingplatzes bei Chamonix. Ich war sogar joggen, obwohl ich kein Bergläufer bin.
- Die schulterzuckenden Arbeiter die im Wald mit einem Minitracktor an uns vorbei gefahren sind und sich wohl überlegt haben, mit was für komischen Matten auf dem Rücken wir hier wandern gehen.
- Die drei Franzosen bei Medonnet, die sich ohne Matte und ohne Hemmungen getraut haben einen fast 7m hohen 6a+ Boulder zu klettern bei dem Alex fast das Herz in die Hose gerutscht ist, als er auf halber Höhe war und versucht hat ein sicheres Podest zu erreichen.
- Der Typ aus Wien, der jetzt in Innsbruck lebt und sich gefreut hat, dass er (mangels Französischkenntnissen - so wie wir) mal wieder mit jemanden Deutsch reden konnte.
- Das Wildcampen dort offensichtlich toleriert wird, auch wenn man im Internet was anderes liest. So viele Busse und Wohnmobile wie dort hab ich noch nie irgendwo frei rumstehen sehen - und dass ohne Polizeiaufgebot… da soll sich Österreich mal eine Scheibe abschneiden.
- Wie voll Chamonix trotz der coronabedingten Reisehemmung war. Schade, ich wäre gern mal mit der Bahn auf den Mont Blanc hoch gefahren. Aber bei dem Ansturm war ich nicht bereit 70 EUR für eine mögliche Infektion in der normal befüllten Kabine zu bezahlen. Da guckt man dann schon lieber den vielen Gleitschirmfliegern von unten zu…
- Wie gut man die Sterne nachts beobachten konnte. Schade, dass die Perseidenhochzeit schon vorbei war.
- Wie heiß sich 24 Grad anfühlen, wenn man auf 1300 m Höhe ist. Kühl ist anders…