Erkenntnisreich und deprimierend war mein erster Besuch Ende 2016 / Anfang 2017 in Finale Ligure gewesen. Zu groß waren wohl die Erwartungen was das Klettern und das Ambiente dort angeht. Jeder meiner Bekannten der schon einmal deswegen dort war und davon erzählte meinte: “Genial, super schön, tolles Klima. Fahr hin!” Was ich dann auch getan hatte und was - wie gesagt für mich nach etwa einer Woche dort erkenntnisreich und eher deprimierend war.

Vielleicht lag’s damals an der Jahreszeit (zu schlechtes Wetter, zu kurz die Tage), der Unwissenheit (wohin fährt man, wo ist nicht um 10 Uhr schon alles übervoll), oder meiner schlechten Form (manchmal zwickts einfach zu stark im Kreuz - vor allem nach langen Autofahrten - da fällt einem das Klettern schwer). Klettern Finale Ligure Italien

Aber wie heißt es so schön: “Einmal ist keinmal.” - Gemäß diesem Motto ging’s dann mit Alex zusammen über Weihnachten / Neujahr noch einmal Richtung Finale. Sozusagen als eine zweite Chance. Diesmal mit etwas besserer Vorbereitung als beim ersten Trip.

Gebucht wurde ein uns von einem Freund empfohlener Campingplatz in Borgio Verezzi. Mit Meerblick natürlich. Der war so, wie erwartet. Toller Blick auf’s Meer und den unter uns liegenden Ort. Auch perfekt für das Silvesterfeuerwerk geeignet. Klettern Finale Ligure Italien

Als nächstes musste das passende Klettergebiet her. Sprich: gute Absicherung, Routen in einem angemessenen Schwierigkeitsgrad, bei ca. 10 Grad Tagestemperatur auf jeden Fall sonnenseitig, sichere Parkmöglichkeit für’s Auto - weil uns die vielen Diebstahlgeschichten der anderen den Eindruck vermittelten, dass Finale eine Einbrecherhochburg zu sein scheint und wenn möglich nicht zu stark frequentiert.

Nach ein paar Recherchen haben wir uns dann für das Gebiet “Il Cimitero” in der Nähe von unserem Campingplatz in Borgio Verezzi entschieden.

Zu Fuß vom Campingplatz aus in ca. 30 Minuten erreichbar. Die meisten Routen ab 6a aufwärts. Absicherung relativ gut. Guter Ausblick auf’s Meer. Das klang laut Führer eigentlich gut. Als Bonus obenauf kann ich noch hinzufügen, dass dort unter der Woche relativ wenig los ist. Und bei Regen kann man sich mal an den schweren Routen im Überhang probieren. Aufgrund der exponierten Lage ist der Fels nach einem Regenschauer auch relativ schnell trocken. Das Gebiet war dann also die nächsten Tage unsere Spielwiese. Klettern Finale Ligure Italien Klettern Finale Ligure Italien Klettern Finale Ligure Italien Klettern Finale Ligure Italien

Einziges Manko: Sehr schnell stellte sich heraus dass hier eine 6a von der Bewertung her ganz schön heftig schwer zu klettern war. Anders als erwartet viel es mir sehr schwer hier irgendwas On-Site zu schaffen.

Sogar Rotpunkt fand ich nahzu unmöglich. Und viel probieren konnte man leider nicht, weil der Fels alles andere als Finger schonend war. In den 8 Tagen hab ich meinen Jahresvorrat an Tape verbraucht und mir sogar noch was dazu kaufen müssen.

Mehr als 3 Routen pro Tag waren eigentlich nicht drin. Wohlgemerkt bei einer Wandhöhe von 10 - 15 Metern. Auch wenn die Tage kurz waren (von 10.30 bis circa 15 Uhr wurde geklettert) eine doch eher bescheidene Anzahl an machbaren Touren.

Nach den ersten zwei Tagen am Stück haben meine Fingerkuppen leider schlapp gemacht. Die Regenerationszeit von 1 Tag war zu knapp. Es ging eigentlich nur noch ein Tag klettern, ein Tag Pause - so sehr verweigerte sich mein Körper dem Felskontakt.

Ich musste also realistisch sein mir nur eine, maximal zwei schwerere Tour pro Klettertag vornehmen - mit präventiv getapten Fingern - um auf Nummer sicher zu gehen.

Von uns begangene Routen waren:

  • Cosetta 5b
  • Psicologica 6a+
  • Clic Si Gira 6b
  • The Empire strikes back 6b
  • The Return of Jedi 6b+
  • Un Mentro Sotto 6b+
  • Tomba La Bomba 6c+
  • Another Day in Paradise 6c+

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Da wir uns so richtig gut damit fühlten dass unser Auto sicher am Campingplatz stand sind wir eigentlich so ziemlich jeden Klettertag in “Il Cimitero” gewesen. Routen gab es dort genug und das drumherum war hier auch nicht gerade schlecht.

Sogar meine Ausdauer hat sich verbessert durch den schon recht mühseligen Anstieg. Ich konnte meine Zustiegszeit mit der ganzen Ausrüstung auf dem Rücken von anfangs 34 Minuten auf 30 Minuten verbessern.

Erwähnenswerte Klettererfolge hab ich in der Zeit keine zu verbuchen, aber ich war auch nicht ganz unzufrieden weil es an sich schon recht schwere Kletterei war und ich das durchgezogen habe, wenn der Schmerz nicht zu groß war.

Am letzten Tag waren wir kurz in einem benachbarten Klettergebiet Falesia delle Cento Corde mit “leichten” Anfängerrouten klettern. Damit wir wenigstens noch was anderes ausprobiert hatten. Dort sollten auch zwei 6a und eine 6b Route sein. Aber im Vergleich zu “Il Cimitero” waren die Bewertungen dort ein absoluter Witz!!! -> hat sich viel leichter angefühlt.

Die Erkenntnis, dass die Zweite Chance für den Kletteraufenthalt in Finale diesmal besser verlief als vor 12 Monaten erleichtert mich schon etwas. Aber ob sie trotzdem so gut war, dass ich nochmal hierher zum klettern kommen werde wird sich noch zeigen. Vielleicht lohnt es sich mal eine andere Jahreszeit auszuprobieren - wenn es wärmer und länger sonnig und hell ist… der Ort an sich und das Meer wären auf jeden Fall noch einmal eine Überlegung wert. Klettern Finale Ligure Italien Klettern Finale Ligure Italien Klettern Finale Ligure Italien Klettern Finale Ligure Italien

Erinnerungswert

  • der wirklich gute Cappuccino aus der Rösterei in Finalborgo
  • das nach dem Klettern bestellte Foccaccia in dem Cafe an der Hauptstraße von Borgio Verezzi
  • die erste Nacht im Bus kurz nach Mailand irgendwo bei Minusgraden
  • der Besuch von Ralf und seiner Freundin kurz vor Silvester
  • die bewundernde Feststellung eines deutschen Campingplatzbesuchers, dass wir es trotz des Wetters immer noch so gut im Bus aushalten, wo er seine warme Hütte bevorzugt statt den Camper mit dem er da war

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