Wenn ich mehrmals die Woche abends durch die Kletterhalle streife oder ab und an am Fels anderen Kletterern zusehe kann leicht ein anderer Eindruck entstehen als der, der mit diesem Satz suggeriert wird.

Die spaßfreie Zone?

Wo ist der Spaß wenn jemand hölzern versucht eine 5er Route hoch zu klettern und dabei sein Gesicht verzieht als leide er dabei offensichtlich Höllenqualen?

Oder jemand anderes an einem harten Einfingerlochzug hängt und wie am Spieß schreit dass man das Reißen seiner überspannten Sehne nicht mehr hört?

Wo ist der Spaß, wenn die Toprope!-Kletternde panisch spitze “Zu”-Schreie von sich gibt, dass die ganze Halle denkt gleich stirbt wer (einschließlich dem Sicherungspartner, der ihre Stimme nicht mehr erkennt)?

Und wem macht es eigentlich Spaß jeden einzelnen Kletterzug von seinem Sichernden lauthals dirigiert zu bekommen statt in Eigenregie die Stelle zu probieren und damit den Eindruck erzeugt unfähig zu sein eigene Entscheidungen zu treffen bzw. Lösungen zu finden? "Links der Griff ist gut. Nein, weiter links von deinem Kopf. Lihinks! Herrschaftszeiten - das andere Links!"

Mal ganz abgesehen von den weniger als halbherzigen, französisch angehauchten “Allez!”-Rufen die man immer häufiger mit anhören muss: "Ahlee, aaahleeeee, aahleee sog i"

Wen sollen die schon motivieren? Den der klettert wohl eher nicht. Die sind allerhöchstens dazu geeignet unbeteiligte Mitkletterer (wie mich) dazu zu bringen den Rufenden für sein nutzloses, oft störendes Gemurmel mal ordentlich abzuwatschen!

Besonders viel Spaß scheinen übrigends auch kletternde Paare zu haben. Vor allem in alpinen Touren. Wenn “Er” denkt er muss alles Vorsteigen. Und sollte “Sie” dann doch mal den Vorstieg wagen ist “Er” es, der sie harsch dirigiert und gleich die Geduld verliert wenn “Sie” den Routenverlauf nicht innerhalb 10 Sekunden erkennt oder bei einer Stelle etwas länger braucht. Ich hatte mal das Vergnügen so ein Paar in einer Nebentour zu haben. Da wurden nicht gerade schmeichelhafte Worte zwischen beiden Parteien ausgetauscht. Und die ganze Wand musste zuhören.

Hat’s Spaß gemacht?

Spaß beim Klettern ist immer Ansichtssache und hat nicht zwingend was mit Humor oder Lustig sein zu tun. Ist also nicht wirklich was für jeden, der einfach mal eben ein wenig Spaß haben will. Klettern ist in jedem Fall ein sinnvoller Zeitvertreib, denn es fordert unseren Körper, unseren Geist und ab und zu auch unsere Lachmuskeln - je nachdem mit wem man klettert.

  • Wer sich gern selbst ausprobiert,
  • bereit ist etwas (körperlich und / oder geistig) zu leisten,
  • sich seiner Stärken und vor allem Schwächen bewusst ist,
  • sowie bereit entsprechend Zeit in deren Besserung zu investieren,
  • sich gern bewegt,
  • sich nicht vor Verletzungen und körperlichen Qualen scheut,
  • Leistungsrückschläge und regelmäßige Motivationslöcher widerspruchslos hinnimmt
  • sich auch mal blöde Sprüche oder “gute” Ratschläge von anderen anhört,
  • und natürlich gern mit anderen Menschen zusammen etwas unternimmt die ähnlich ticken,

der wird auch Spaß am Klettern haben. Denn dann werden die Glückshormone angekurbelt.

Man kann himmelhochjauchzend von einem Griff zum nächsten Schwingen weil wir Spaß dabei haben wie unser Körper und Geist endlich eins sind in jeder Bewegung. Dann wird statt Adrenalin auch Dopamin ausgeschüttet und das locker leichte Lächeln ist endlich da, wo es sein soll - in Deinem Gesicht.

Erwähnenswert

  • Auch ich hab nicht immer Spaß am Klettern. In dem Fall reduzier ich es einfach und mach andere Sachen mit meinen Kletterpartnern (z.B. Joggen, Yoga, Biergarten, Eis essen…)
  • Das mit der Dopaminausschüttung funktioniert oft weniger gut als der Adrenalinschub in bestimmten Routen. In dem Fall versuch ich mich von der Situation abzulenken indem ich über Liedtexte nachdenke. Gedichte gehen auch, oder Rechenaufgaben. Mein Favorit ist das Lied “Skandal im Sperrbezirk” von der “Spider Murphy Gang”. Ich kann mir die Telefonnummer so schlecht merken.

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